Der Science-Fiction Roman von Stephen Baxter fällt mit knapp unter 300 Seiten relativ kurz aus, bietet aber eine beeindruckende Welt, durchdachte Charaktere und eine spannende Geschichte.
Diese dreht sich um den Mineur Rees. Was ein Mineur ist? Nun, diese unterste Schicht von Menschen arbeitet im inneren ausgekühlter Sterne, um dortige Materialien abzubauen. Die höheren Gesellschaftsschichten, die Hauptsächlich aus Wissenschaftlern und einem Militär ähnlichen Komplex besteht, befindet sich auf einem "Floß" genannten Plattform, welches sich über dem Stern befindet. Doch es handelt sich hier nicht um unser eigenes Universum, sondern um eine Parallelwelt. Es wird im Laufe der Handlung zwar immer mal wieder angedeutet, dass die Menschen früher in “unserem” Universum zu Hause waren, doch wirklich viel erfährt man über die Vergangenheit noch nicht. Dies ist aber durchaus nachvollziehbar, da die Nachfahren auch nicht sehr viel über ihre Welt wissen. Scheinbar leben sie schon seit Generationen in hier und haben nur sehr wenige Anhaltspunkte, woher sie eigentlich stammen.
Was dieses andere Universum so besonders macht ist die andere Gravitationskonstante. Dies bedeutet, dass die Schwerkraft sehr viel höher ist, als wir es beispielsweise gewohnt sind. Sterne sind nur wenige Kilometer groß. Man begegnet sogar einem “Planeten”, der einen Radius von lediglich fünfzig Metern hat. Die Gravitation ist buchstäblich zu spüren, wenn “massereiche” Menschen neben einem stehen. Es ist eine wahrlich fantastische Welt, in der man sich erst einmal zurecht finden muss. Die Beschreibungen des Floßes und so mancher Lebewesen finde ich persönlich dann doch sehr abstrakt und schwer vorstellbar, sodass ich eigentlich bis zum Schluss nicht so richtig ein Bild im Kopf von der Umgebung hatte.
Dies macht das Gesamtpaket aber nur umso spannender und unterhaltsamer, da man unbedingt mehr über dieses fremde Universum erfahren möchte. Wie sind die Menschen dort hin gekommen? Wie groß sind diese Menschen eigentlich? Besonders die zweite Frage habe ich mir oft gestellt, da ich immer noch nicht weiß, wie ich die Größenverhältnisse einschätzen soll. Sind sie so groß wie wir, oder wurden sie durch einen evolutionären Effekt bereits etwas kleiner, was durch die immense Gravitation ausgelöst wurde? Viele Fragen bleiben offen und man kann als Leser selbst sehr viel Imagination und Interpretation für die Geschichte mitbringen. Wie eine schwarz-weiß gezeichneter Comic, der nur mit Andeutungen spielt, als ein komplettes, detailliertes Bild zu liefern, hat jeder Leser ein anderes Bild vom Floß und den Menschen die dort leben.
Auch die eigentliche Motivation von den verschiedenen Charakteren sind nicht immer eindeutig, was sie dann noch einmal dreidimensionaler macht (um eine abgegriffene Beschreibung zu verwenden). Durch die kürze des Buches geschieht in den einzelnen Kapiteln dann auch sehr viel und sehr schnell hintereinander. Gepaart mit dem ein oder anderem Zeitsprung von ein paar Schichten (so die Zeitrechnung auf dem Floß), erhält man eine höchst brisante Abenteuerfahrt, durch eine sehr fremde Welt.
Stephen Baxters Roman überzeugt auf ganzer Linie und ich freue mich schon auf die Lektüre des zweiten Teils. “Das Floß” ist bereits 1991 erschienen und bildet den Start der so genannten Xeelee-Reihe. Xeelee bezeichnet eine Alienspezies, die mir im ersten Buch noch nicht begegnet ist, aber dann in den kommenden Romanen immer mehr an Bedeutung gewinnen soll. Mal sehen, wer sie sind...