Fear the Walking Dead ist zurück. Die zweite Staffel umfasst 15 Episoden und wird exklusiv auf Amazon Prime ausgestrahlt. Haben die Autoren die Pause genutzt, um die Fehler und Ungereimtheiten der ersten Staffel auszubügeln? Werden die Charaktere interessanter und deren Handlungsentscheidungen nachvollziehbarer? Und natürlich die wichtigste Frage: Bekommt Nick endlich was vernünftiges zum Anziehen?
"Rule number one: It´s my boat. Rule number two: It´s my boat. If there remains any confusion about rules one and two, I offer rule number three: It’s my goddamn boat!" - Strand
Der Einstieg in die erste Episode lässt gemischte Gefühle aufkommen. Zum Einen wirkt die Welt mit den Explosionen im Hintergrund und der brennenden Stadt sehr apokalyptisch. Der letzte Shot sieht fantastisch aus und die Grundstimmung für den weiteren Verlauf der Staffel ist gesetzt. Wobei dies auch ein gutes Finale abgegeben hätte: Das Feuer der ersten Staffel weicht dem unendlichen Wasser der zweiten. Dadurch hätte man den Staffeln Themen zuschreiben können. Nichts desto trotz ist es aber ein gelungener Start. In dieser Umgebung müssen sich unsere Protagonisten in zwei Gruppen aufgeteilt zum Boot von Victor Strand retten, während die ersten Zombies den Weg zum Strand finden - im deutschen kann diese Konstellation von der Person und dem Ort durchaus zu Verwirrungen führen. Nick erweist sich als überraschend Kompetent, während Chris sein Äquivalent darstellt. Durch seine verständliche Trauer um seine Mutter, werden sein Vater und Madison beinahe von Zombies gebissen.
Allerdings muss auch erwähnt werden, dass es so scheint, als wäre zwischen den beiden Staffeln etwas interessantes geschehen. Die Kollegen von Gizmodo fassen diese Szenerie gut zusammen: "It feels like between season, something really epic and interesting happened." Es wird leider nicht ganz klar, was genau passiert ist und wie viel Zeit seit dem Finale der letzten Staffel vergangen ist. Zwar wird klar, dass es sich um Bomben des Militärs handelt und der Gedanke, dass jede größere Stadt dermaßen zerstört wird ist durchaus verstörend, doch dieses überhastete Ende von Los Angeles wirkt gezwungen, damit die Handlung schnell auf das Boot verlegt werden kann. Es wäre durchaus spannend gewesen, noch ein paar Episoden in der Stadt zu verbringen. Immerhin müsste das Boot vorbereitet und ein paar Dinge besorgt werden. Nichts wichtiges, nur Essen, Wasser und so weiter. Dies bleibt uns jedoch verwehrt und so müssen wir mit anderen Dingen vorlieb nehmen.
Im weiteren Verlauf der Folge werden dann durchaus interessante Fragen der Moral und Ethik gestellt, die man sich als Zuschauer durchaus etwas länger durch den Kopf gehen lassen kann. Zum Beispiel als ein kleines Boot voll mit Menschen nach Hilfe ruft: Wie hätte man selbst in dieser Situation reagiert? Wie sieht die neue Weltordnung aus? Leider werden aber keine wirklichen Dialoge darauf verschwendet. Es bleibt sehr oberflächlich und diese Themen schnell abgehandelt. Dabei hätte sich hier die Möglichkeit geboten, den Charakteren mehr Tiefgang zu verleihen. Es wird zwar klar, dass die meisten von ihnen nicht gerade begeistert davon sind, mehr Menschen auf das Boot zu lassen, doch egal ist es ihnen auch nicht. Aber stattdessen wird schnell zum Tagesgeschäft zurückgekehrt. Entscheidungen bringen immer Konsequenzen mit sich. Doch davon ist hier nichts zu spüren.
Ausnahme bildet hier die unfassbare Naivität von Alicia. Über ein Funkgerät lernt sie einen scheinbar netten jungen Mann kennen, der Musik abspielt und nach Hilfe ruft. Anfangs wirkt es noch sehr unschuldig und interessant, dass sie ausgerechnet über ein Funkgerät jemanden kennen lernt und dann auch noch mittels Musik. Captain Jack gewinnt schnell ihr Vertrauen und bringt sie dazu ihr zu verraten, wo sie sich ungefähr befinden. Die Dummheit, mit der Alicia hier vorgeht, tut förmlich weh. Wie kann sie nur diesem Unbekannten so sehr vertrauen. Es ist eine Sache das hübsche Schiff zu erwähnen und die nützlichen Funktionen, doch auch noch den Ort zu verraten geht zu weit. Die Vorhersehbarkeit der Handlung macht dies nur noch frustrierender.
Ein weiteres Thema, das angesprochen wird, ist der Umgang mit dem Tod von geliebten Menschen. Chris Mutter haben sie auf das Schiff mitgenommen, um ihr zu gegebener Zeit eine anständige Seebestattung geben zu können. Nachdem sein Vater sie erschossen hat, bereitet es ihm verständlicherweise Probleme einfach weiter zu machen und dies ist auch interessant dargestellt. Genauso wie die schöne Unterhaltung zwischen Chris und Daniel beim Fischen und die Abgrenzung gegenüber seinem Vater. Allerdings sind seine Handlungen auch oft zu übertrieben impulsiv und statt emotionalen Momenten, erhält man gute Comedy. Daniel hält sich in der Episode sehr zurück, es bleibt spannend welche Rolle er in Zukunft spielen wird. Durch seine Lebenserfahrung stellt er ein wichtiges Mitglied in der Gruppe dar, was ihn gleichzeitig zu einem großen Ziel macht, bald zu sterben.
Insgesamt ist die Episode zwar nicht schlecht, doch weiterhin werden Gelegenheiten verschenkt, um die Charaktere besser kennen zu lernen. Erst am Ende wird es mit den Wasserzombies spannend und das Nick auf einem sinkenden Boot ein Logbuch findet, trägt unter anderem dazu bei, dass ich persönlich definitiv weiter schauen werde. Apropos Nick: Ja, er trägt weiterhin seine alten, unfassbar hässlichen Sachen. Sogar die Blutbespritzte Jacke behält er. Kann er sich nichts von Chris´Sachen nehmen? Die haben mehrere Koffer mitgenommen (keiner davon scheint was essbares enthalten zu haben), da wird doch wohl etwas Anständiges für ihn dabei sein. Vielleicht kann er ja den potentiellen Angreifern etwas besseres klauen, die Alicia eingeladen hat.