The Walking Dead Season 02

Im Englischen gibt es den Begriff “gutter”. Dieser beschreibt den meist weißen, leeren Platz zwischen den einzelnen Panels. Es ist dem Leser überlassen zu interpretieren, was genau zwischen den Augenblicken, die dargestellt werden passieren. Die zweite Staffel ist ein perfektes Beispiel für eine solche Herangehensweise der Autoren, denn bis auf zwei große Ereignisse, könnte es sich genauso zugetragen haben.

  • Developed by Frank Darabont
  • Cast: Andrew Lincoln, Jon Bernthal, Sarah Wayne Callies, Laurie Holden, Jeffrey DeMunn, Steven Yeun u.a.
  • Musik: Bear McCreary
  • Executive producers: Frank Darabont, Gale Anne Hurd, David Alpert, Robert Kirkman u.a.
  • Erstausstrahlung: 16. Oktober 2011 auf AMC

“This isn’t a democracy anymore.” - Rick

Ein oft nicht so stark im Zentrum der Kritiken stehender Punkt sind für mich die Walker selbst, die “The Walking Dead” erst zu dem machen, was es ist. In dieser Staffel treten die Kreaturen immer häufiger auf und an drei bis vier Stellen auch zu einem ganzen Rudel (nennt man dies bei Zombies Rudel?). Ich bewundere die Nebendarsteller für ihre tollen Leistungen, denn mir wäre noch keiner aufgefallen, der aus der Reihe tanzt oder sich markant anders benimmt als der Rest. Auch die Maskenbildner und, ich nenne sie einfach mal Puppenmacher, verdienen ein großes Lob, denn das Make-up und die Leichen sehen einfach fantastisch und sehr realistisch aus. Dadurch fällt es dem Zuschauer leichter sich auf diese Welt einzulassen.

Wenn ich der Staffel ein übergeordnetes Thema geben müsste, wäre es “Leadership”. Anfangs hält die Gruppe zwar noch zusammen und scheint tatsächlich so etwas wie Teamwork zu entwickeln, Andrea und ihr Problem mit Dale lasse ich mal außen vor, doch mit dem fortschreiten der Handlung und den Geschehnissen auf der Farm, zerfällt sie immer weiter, bis sie am Ende auch physisch voneinander getrennt sind. Ich habe mir drei Punkte herausgesucht, an der ich festhalten möchte, warum die Gruppe zerbricht. Gleichzeitig sind es aber auch die Punkte, die die Staffel sehenswert und spannend machen:

1. Todesstrafe:

Ein Thema, welches mich nachhaltig bewegt hat, ist die Diskussion um die Hinrichtung ihres Gefangenen Randall. Ihr unmoralisches und verachtenswertes Verhalten ihm gegenüber hat mich regelrecht schockiert. Nachdem sie seine Wunden versorgt und ihn wieder aufgepäppelt haben, beginnen sie ihn zu foltern bzw. Daryl foltert ihn und alle anderen lassen es einfach geschehen. Dann wollen sie ihn aussetzen, dies scheint aber ein zu hohes Risiko und nachdem er beinahe von Walkern gegessen wurde, wo er sogar bei der Flucht geholfen hat (gut, das war zwangsweise, um zu überleben), wollen sie ihn kaltblütig hinrichten. Ich spreche hier immer von sie, doch eigentlich ist es allein Rick, der die Entscheidungen trifft und alle anderen sehen teilnahmslos zu, weil sie zu viel Angst haben aufzustehen und sich an der Diskussion zu beteiligen.
Allein Dale wagt es Rick zu widersprechen, er versucht auch die anderen von seinem Standpunkt und der moralisch richtigen Entscheidung zu überzeugen. Dale ist ein fabelhafter Charakter und wird von Jeffrey DeMunn wunderbar dargestellt. Seine Integrität, Stärke und das festhalten an Prinzipien ist bewegend und alle könnten sich eine Scheibe davon abschneiden. Mir kamen fast die Tränen, als alle zusammensaßen und Dale um das Leben von Randall gekämpft hat. Wie kann man nur daneben sitzen, schweigen und jemanden über das Leben eines Menschen entscheiden lassen, ohne zumindest für seine Überzeugungen einzutreten? Egal ob diese nun für oder gegen die Hinrichtung wären, aber so etwas auf die leichte Schulter zu nehmen empfinde ich als arg fahrlässig und hat meine Meinung über so manchen Charakter geändert. Diese Thematik wird sicher noch eine Weile ihre Nachwirkungen zeigen und ich finde es äußerst Schade, dass Dale sein Leben lassen musste, besonders weil es so unerwartet kam, denn in den Comics ist er am Ende von Buch 1 noch am Leben.

2. Anführer:

Dieser Punkt hat auch etwas mit dem ersten zu tun. Denn von allen beteiligten haben eigentlich nur drei das Zeug zu einem Anführer für die Gruppe. Rick, Shane oder Dale. Shane wäre zwar die falsche Entscheidung, weil er teilweise zu unüberlegt, vorschnell und kompromisslos handelt, doch zumindest steht er mehr oder weniger zu seinen Entscheidung. Dale wäre eindeutig mein Favorit, da er zuerst über Dinge nachdenkt, bevor er handelt. Er scheint in seinem Leben auch schon viele Erfahrungen gemacht zu haben - er ist ruhig und wäre sicher ein toller Anführer. Doch diese Rolle ist und bleibt natürlich bei Rick, auch wenn er durch diverse Verschleierungen das Vertrauen eingebüßt hat. Was ich nicht ganz verstehe ist die Überraschung der anderen, als er ihnen gesteht, Shane in einem Kampf umgebracht zu haben. Auch ohne die Comics zu kennen war diese finale Auseinandersetzung von weitem abzusehen. Zwei solch massive Alphamänner können einfach nicht ein einer einzigen Gruppe existieren und die Manipulationen von Shane müssen auch den anderen zumindest ein bisschen aufgefallen sein.
Rick hat nun die Möglichkeit mehr oder weniger frisch zu starten. Sie kennen nun seine Geheimnisse und er muss sich durchsetzen, was er am Ende mehr als hervorragend unter Beweis stellt. Ich bin sehr gespannt wie es weiter geht und ob die Gruppe es schafft sich zusammenzuraufen und füreinander einzustehen und zu kämpfen. Im Moment würde ich nämlich eher davon ausgehen, dass sie sich gegenseitig umbringen würden, wenn nicht alle so paralysiert und handlungsunwillig wären.
Dies ist auch etwas, dass ich nicht verstehe. Ich befinde mich hier in einer Welt, die von Zombies regiert wird und habe es geschafft einen Grund zum Leben zu finden. Wieso stehe ich dann nicht mehr für die Sache ein? Warum handle ich nicht den Umständen entsprechend und sorge dafür auch weiterhin zu überleben?

3. Die Farm:

Es ist ein schönes Land. Idyllisch. Die Vögel zwitschern. Es gibt Kühe, Strom, genug zu essen und alle scheinen sich gut zu verstehen. Diesem utopischen Trugschluss sind die meisten aufgesessen. Sie sind nicht mehr in der alten Welt, wo das größte Problem ein leerer Akku ist. Es ist eine Lüge, die alle glauben und wahrhaben wollen. Ein Stück Normalität. Zwar stellen sie einen Wachtposten auf, doch direkte Gefahr, drohte ihnen bis zum Schluss nie. Sie hätten sich wappnen können. Einen Verteidigungsplan erstellen. Maßnahmen treffen, um eventuelle Angreifer abzuwehren. Doch daran denken sie alle nicht. Lieber schlachten sie mögliche Gefahren ab und spielen, wie es Andrea so schön ausgedrückt hat “house” und Familie.

Wie gesagt sind dies alles Punkte die mir sowohl sauer aufgestoßen sind, als auch begeistert haben. Denn es zeigt wie unvorbereitet und hilflos die Menschen in solchen Situationen sein können. Es zeigt, dass es wichtig ist für seine Prinzipien einzustehen und sich immer an Diskussionen zu beteiligen, besonders, wenn es um etwas wichtiges geht.

Da ich das letzte Mal etwas negativ gegenüber Daryl eingestellt war, muss ich sagen, dass sich meine Meinung über ihn wirklich geändert hat. Er setzt sich sehr für das auffinden von Sophia ein und wird sogar zu einem Teamplayer - zumindest mehr wie so manch anderer. Er ist inzwischen zu meiner Lieblingsfigur geworden und ich hoffe das bedeutet nicht, dass er bald stirbt.

Carls Entwicklung finde ich problematisch. Die Autoren springen mir zu sehr mit ihm herum. Einmal total waghalsig und sich einem Walker allein stellend, aufmüpfig und respektlos. Dann wieder nett und ängstlich. Alles innerhalb einer Episode mehrmals im Wechsel ist schwierig, anstrengend und der Schauspieler überzeugt mich auch nicht so wirklich. Ich möchte ihn nicht mit Wesley Crusher aus Star Trek vergleichen, doch der Nerv-Faktor ist schon etwas erhöht.

Alles in allem hat mir die Staffel gut gefallen. Die Abweichungen gegenüber der Vorlage finde ich faszinierend und machen es spannend zuzusehen:

  • Es sterben Personen, die in den Comics noch wichtig sind (Sophias, Dale und Otis)
  • Die Weiterentwicklung neuer Charaktere (Daryl)
  • alternative Lösungen für Konflikte (Mord an Shane, Flucht von der Farm)

Alles interessante Aspekte, die in den nächsten Staffeln hoffentlich weiter ausgebaut werden. Ich erwarte mir in der dritten Staffel, dass sie mit den vergangenen Ereignissen noch zu kämpfen haben und größere Nachwirkungen zu spüren sind.

Bis demnächst
Chris

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