Inside Out

Pixar gehört definitiv zu den besten Animationsstudios unserer Zeit. Konstant liefern sie einen Hit nach dem anderen. Nachdem sie sich ein Pause gegönnt haben, kehren sie dieses Jahr mit gleich zwei Filmen in die Kinos zurück. Den Anfang macht “Inside Out”. Nach den Trailern zu urteilen, möchte dieser Film in einem äußerst ambitionierten Versuch nicht weniger als das Leben selbst erklären. Ist ihnen das gelungen?

“Crying helps me slow down and obsess over the weight of life's problems.” - Sadness

  • Regie: Pete Docter
  • Drehbuch: Pete Docter, Meg LeFauve, Josh Cooley
  • Produktion: Jonas Rivera
  • Musik: Michael Giacchino
  • Schnitt: Kevin Nolting
  • Cast: Amy Poehler, Phyllis Smith, Bill Hader, Lewis Black, Mindy Kaling

Die grundlegende Geschichte von “Inside Out” ist sehr einfach gestrickt. Diese dreht sich um das Mädchen Riley und ihre Familie. Sie ist ein aufgewecktes fröhliches Kind, hat viele Freunde, hat Spaß beim Hockey spielen und scheint ein perfektes Leben zu führen. Doch dann kommt ein Umzug und ihre ganze Welt schein zusammenzubrechen. Diese simple Prämisse erlaubt es, eine zweite, komplexere Geschichte in Gang zu treten, welche sich in Rileys Kopf abspielt. Dabei scheint jeder Mensch fünf Basisemotionen zu besitzen, deren Mischung, ähnlich dem Farbspektrum, zu einem Kaleidoskop an Gefühlen führt. Diese fünft Basisemotionen sind: Joy (Freude), Sadness (Traurigkeit), Anger (Zorn), Fear (Angst) und Disgust (Abscheu).

Pixar gelingt es mit einfachen Mitteln die Funktion des Gehirns zu erläutern, sodass es wirklich jeder versteht und es Spaß macht, mehr davon zu entdecken. Angefangen von den tagtäglichen Erinnerungen, die wir uns aneignen und von denen viele ins Langzeitgedächtnis wandern, bis hin zum vergessen von “unwichtigen” bzw. nicht mehr relevanten Erinnerungen ist alles dabei. Es wird erläutert, dass sich unsere Persönlichkeit aus vielen verschiedenen Aspekten aufbaut und auch immer wieder neue hinzukommen können, sei es durch Lernen, Erfahrung oder ähnliche Dinge. Natürlich darf auch nicht vergessen werden, dass wir im Schlaf das Erlebte weiter verarbeiten.

Die Welt von “Inside Out” ist bunt, detailliert, fantasievoll und wunderbar ausgearbeitet. Einfach alles und jeder darin hat eine logische Funktion und ich komme nicht umhin immer mal wieder zu denken: Was würde sich wohl gerade in meinem Kopf abspielen? Allein das die Macher es geschafft haben, mich emotional so sehr zu berühren, dass ich mir weiterhin Gedanken darüber mache, nicht nur wie der Film war, sondern auch darüber, wie mein Leben davon betroffen sein könnte, verdient großen Respekt.

Der Film schafft “awareness”, wie es im englischen so schön heißt. Eine Art bewusst werden der eigenen Existenz und des eigenen Lebens. Ich stelle mir die Frage, welche Ereignisse an diesem Tag sind es wert ins Langzeitgedächtnis gespeichert zu werden. Genieße ich das Leben tatsächlich in vollen Zügen? Was kann ich machen, um noch mehr daraus herauszuholen? Vielleicht berührt mich der Film im Moment deswegen so sehr, da ich selbst gerade eine große Veränderung durchmache. Ich bin von zu Hause ausgezogen, um in Tübingen zu studieren und dies liegt doch über 400km weit entfernt und deshalb kann ich mich mit Riley umso besser identifizieren. Doch auch wenn ihr nicht gerade umzieht oder eine große Veränderung durchmacht, kann man aus dem Film etwas lernen, da er etwas alltägliches so emotional und tiefgreifend erläutert, wie ich es selten gesehen habe.

Die vielschichtige Achterbahnfahrt der Gefühle bringt einem bei, die Erinnerungen und Ereignisse eines Tages nicht nur aus einer Perspektive zu betrachten. Natürlich möchten wir alle, dass nur Joy am Steuer sitzt, doch das Leben besteht nicht nur aus Positivem. Auch das Negative muss man erfahren, damit man daraus lernen kann. Wobei “negativ” wahrscheinlich etwas falsches suggeriert, denn Sadness oder Anger sind keine negativen Gefühle - “Inside Out” zeigt, dass alle Emotionen ihre Daseinsberechtigung haben und zum Beispiel Sadness nicht weggesperrt oder ignoriert werden darf.

Doch nicht nur die Geschichte des Film ist fantastisch. Auch alle anderen Aspekte des Film passen wundervoll zusammen: die bereits erwähnten Animationen entführen uns in eine Welt, die man gerne selbst entdecken möchte, die Stimmen der einzelnen Protagonisten sind exzellent gewählt und lassen keine Wünsche offen. Auch die Musik, das Editing - alles fügt sich zusammen wie die einzelnen Teile eines Puzzles.

Da fällt mir ein, dass es in dem Film nicht den klassischen “Villain” gibt. Eine Bösewicht, der sich gegen unsere Protagonisten stellt und ihre Pläne vereiteln möchte. Dies ist wohl auch äußerst erfrischend zu beobachten, denn normalerweise hat man immer jemanden, der nur auf seine eigenen Interessen achtet und diese in jedem Fall durchsetzen möchte. Ich begrüße dessen Abwesenheit sehr. Alle ziehen an einem Strang und wollen die Herausforderungen, die vor ihnen liegen lösen.

Den Machern ist es gelungen eine Welt aufzubauen, in der ich gerne mehr Zeit verbringen würde. Sie erläutern unser Dasein mit so einfachen, doch effektiven Mitteln, dass ich nichts anderes als großen Respekt davor haben kann. Ich kann nicht sagen, ob es gut wäre, die Geschichte mit einem zweiten Teil fortzuführen, da der erste so perfekt ist. Die lustigen Dialoge und die witzigen Situationen in die sich unsere innersten Gefühle verstricken sind es wert immer wieder angesehen zu werden und wenn den Autoren ein Weg einfällt, dies so fortzusetzen, bin ich gerne wieder dabei. Besonders deswegen, weil Rileys Pubertät ansteht und dies sicher zu vielen interessanten und humoristischen Geschehnissen führt.

Viel Vergnügen
Chris

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